Hans Rott - CD-Rezension

von

Steve Vasta


Aktualisiert am
4. Januar 2025

Sein Leben
Seine Musik
CDs
Werkverzeichnis
Seine Bedeutung
Literaturverzeichnis
Aktuell
Newsletter
DIE QUARTE
Links
Über diese Seite
Gästebuch
E-Mail
Seitenindex
Zur Startseite
English site
Internationale Hans Rott Gesellschaft
 
Copyright Martin Brilla
©2002-2025
All rights reserved
     Dennis Russelll Davies Interpretation (CPO 999 854-2) eröffnet ein neues Kapitel in der Diskographie der Symphonie, indem er die Partitur mit derselben sachlichen Direktheit und Sicherheit spielt, die er dem Mainstream-Repertoire entgegenbringt. Für einen flüchtigen Kontrapunkt entlockt er den Strukturen Motive, dehnt das Sehr langsam zu einer langen, singenden Linie und holt aus dem Radiosymphonieorchester Wien ein gutes, solides Spiel heraus (das flüssige Legato die Sicherheit und rhythmische Präzision der Hörner bilden einen Höhepunkt. Leider verdirbt er das in der Konzeption verallgemeinerte Finale indem er die bei 15:57 einsetzenden schneidenden Fanfaren auf viel unsensibles Dröhnen reduziert. Ich hätte gern das fünfzehnminütige Pastorale Vorspiel - eine hübsche Zugabe für Sammler - einem besseren Schluß geopfert. Der Klang ist akzeptabel, obwohl die Resonanz der allgegenwärtigen Pauken die Strukturen aufweicht, besonders im Scherzo, und das Triangel übernimmt die Führung - vielleicht etwas zu viel des Guten.

Radio Symphonieorchester Wien
Dennis Russell Davies

     Davies Aufführung wurde jedenfalls von einer neueren Einspielung (Arte Nova 82876 67748 2) übertroffen, in der Sebastian Weigle mit der Partitur nicht weniger sicher und pragmatisch umgeht, in der das Münchner Rundfunkorchester wundervoll transparent Klangvolles feilbietet (im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Arte Nova-Preis). Der Eröffnungssatz entwickelt sich von einer noblen Einsamkeit (das Posaunensolo bei 4:17) über Entfremdung und vorsichtigen Optimismus zu einer entschlossenen, orgelgleichen Majestät. Das Sehr langsam fließt leicht dahin, ohne dabei das klangliche Gewicht oder das Gefühl der Ehrerbietigkeit zu opfern; die Hörner bei 5:48 ff. schmiegen sich klagend an die serpentinenartige Dynamik, und nach 7:42 gelingt es dem Dirigenten sehr schön, die führenden Stimmen herauszuarbeiten, die normalerweise vom Chor der Blechbläser überdeckt werden. Eher weiche als scharfkantige Blechbläserattacken bilden einen lebhaften Antrieb für das Scherzo. Wenn die Solovioline im ersten Walzer etwas blutleer klingt, so sind diese Episoden wenigstens direkt und werden bei 7:38 leicht unheimlich. Der Schluß dieses Satzes ist nicht besonders Wild wie angegeben, aber der Dirigent führt erneut das Ohr, indem er wichtige Motive aus dem emsigen Treiben herausarbeitet. Nach einer stark charakterisierten, spannenden Einleitung erinnert das Hauptthema mit seiner dahinschreitenden Würde an Brahms Erste; und mit einem Mal klingt die große Halbkadenz ausbalanciert, fortschreitend und entschlossen. Und in der Coda siegt Weigle dort wo Davis scheitert, indem er sich die Mühe macht, die Höhepunkte der Fanfaren zu formen, indem er die schwierigen Ritardandi mühelos auf eine Linie bringt; die Kongestion bleibt hier leider ein Problem wie auch bei anderen Aufnahmen (obwohl sich sonst die Strukturen in wunderbaren, dreidimensionalen Schichten aufbauen). Angesichts der Aufmerksamkeit, die der Dirigent dem Auffinden der von den Blechbläsern überdeckten Motiven widmet, ist es eigenartig, daß er gelegentlich die (melodischen) Diskantstimmen in den Tutti nachlässig behandelt. Jedoch nach der geräuschvollen Coda ist die erste der beiden Zugaben - ein Orchestervorspiel in E-Dur - eine Wohltat für die Ohren, während das Vorspiel zu "Julius Cäsar" mit seiner lebhaften Kraft und seinen warmen Farben ein Rückschritt in die Schumann/Weber-Ära bedeutet.
Teil 6

zurück zu Teil 4


Internationale Hans Rott Gesellschaft